Der Beginn der Kärntner Rugbygeschichte lässt sich nicht genau lokalisieren,
Scherzbolde behaupten, dass sich die Kärntner als munteres Völkchen mit Bergbezug
ohnehin immer schon gerne um eiförmige Sujets balgten. Ob ein Vogelei, ein
Speckbrettl oder Rugbyball spielt da keine so große Rolle, so die findigen
Hobbyhistoriker.
Royal Air Force
Uns sind diese großzügigen Angaben aber dann doch zu vage und wir datieren den
Beginn unserer Sportgeschichte auf das Jahr 1945 zurück, dem Jahr als die Schrecken
des Krieges gottlob ein Ende fanden und sich die 8th Army der britischen Streitkräfte
in Kärnten einfand. Diese Army wies einen hohen Anteil an Südafrikaner und
Neuseeländer auf, bekanntlich Nationen, die dem ovalen Ball seit jeher sehr zugetan
sind. Außerdem gab es in den meisten Einheiten der britischen Armee auch
Rugbysektionen, auch in der RAF (Royal Air Force), die ihre Männer auf Kärnten und
Norditalien aufteilte.
Der letzte Beweis, dass in jener Zeit in Kärnten zumindest trainiert wurde, fehlt.
Allerdings fand am 29.06.1946 ein Spiel der britischen Besatzungstruppen gegen die
französischen Kollegen Westösterreichs in Wien mit überwiegend neuseeländischer
Besetzung statt. Wir gehen davon aus, dass Teile der Vorbereitung in Kärnten
stattfanden und hoffen eines Tages Einsicht in die britischen Archive erlangen zu
können.
Harlekins Villach
Jetzt springen wir glattweg in die 90er-Jahre, in Wien hat sich Rugby seit 1978 neu
etabliert, die Bundesländer ziehen langsam nach. So auch Kärnten, ein
Versuchsballon in Spittal blieb noch ohne verbriefte Spiele, aber 1995 fasste ein
entschlossener Engländer den Entschluss, Rugby in Kärnten einzuführen. Alan
Drewett sein Name, von Beruf Gastwirt in Villach, ausgebildeter Kunstmaler der
Oxford-University. Nahe der Villacher Eishalle fiel seine Pionierarbeit auf fruchtbaren
Boden, schnell entwickelte sich ein Verein, der sich den Nimbus als bester
Bundesländerclub erarbeitete. Die Szene staunte über die Villacher „Harlekins“, die
sich anschickten, die Wiener Übermacht herauszufordern. Helmut Kraiger (später
Präsident RUFC München, heute sportlicher Leiter), Falko Sellner, Rainer Höhlin und
eben Drewett trieben das Projekt voran. 1997 verlief sich das erfolgreich
angelaufene Projekt leider im Sande. Kärnten musste wieder lange sechs Jahre auf
einen neuen Verein warten.
Matadors Paternion (2003-2010)
Den stampfte Mike Wagner in Paternion aus dem Boden. Gebürtig in Simbabwe,
wollte er Rugby auch in Kärnten den Kampf um den ovalen Ball nicht missen.
Gemeinsam mit Volker Mannheim prägte er die nächsten Jahre des Kärntner Rugbys.
Die „Matadors“ stellten in Paternion eine erstaunliche Infrastruktur auf die Beine,
mit fixen Toren, Matchuhr und Clubhaus. Etwas, was Rugby vorher und nachher
nicht mehr bieten konnte. Sportlich gab es Achtungserfolge, besonders im 7s-Rugby,
als absoluter Höhepunkt gastierte das Nationalteam im September 2006 in Paternion,
um ein Spiel im League-Format (XIII-Rugby) gegen Estland abzuwickeln.
Bedauerlicherweise fand das Duo Wagner/Mannheim keine Nachfolger, im Winter
2010 lösten sich die Matadors auf.
2008, also noch davor, gründeten sich zwei weitere Gruppen in Kärnten. Die
„Bulldoggs“ in Arnoldstein sowie die „Tigers in Klagenfurt“. Die Bulldoggs unter
Andreas Warscher wuchsen rasch, während die Tigers in den Anfangstagen kaum
über eine Handvoll Spieler hinauskamen. Vereinzelt standen von allen drei Clubs
gemeinsam 25 Mann auf dem Trainingsplatz, als Spielgemeinschaft „Kärnten“ wurde
erstmals die XV-Meisterschaft (2. Liga) anvisiert. Dieser erste Versuch endete im
Herbst 2008 in einem Fiasko (0:102 daheim gegen NÖXV, unterzähliges Antreten
beim RC Graz). Mittlerweile sank auch die Trainingsbeteiligung dramatisch und es
sollte bis zum Herbst 2010 dauern, bis sich Rugby Kärnten wieder erholte.
Die Tigers-Ära (2010-dato)
7s-Rugby
In der Saison 2010/11 vergrößerte sich das Team in rapidem Tempo, hatte mit
Erasmus-Studenten und sportlichen Umsteigern die Fortune zur Seite, überraschend
schnell stellten sich im 7s-Rugby Erfolge ein, die im Gewinn des 7s-Challenge-Cup
gipfelte. Diego Fretz, Fabian Weidinger, Thorben Rahlves waren die Gesichter eines
Teams mit hohem Potenzial, an das sich zunehmend Jugendliche anschlossen.
2012/13 brachten die Tigers eine U18-7s-Truppe auf den Platz (Starts in Leoben und
bei den UWG), erst- und einmalig. Der Challenge-Cup wurde 2012 verteidigt.
Zweimal (2014 & 2016) holte sich die Truppe rund um Spielertrainer Gilbert
Blechschmid (2012-2018) Rang drei in der 7s-ÖM. In der letzten Saison konnte
erstmals ein Einzelturnier (in Steinfeld) gewonnen werden, was auch während der
siegreichen Saisonen im Challenge-Cup nie gelang.
XV und Xs-Rugby
2012 - 2018 stellten die Klagenfurter durchgehend ein XV-Team im Ligabetrieb, 2014
folgte der Aufstieg von der Regionalliga in die Championship (2. Leistungsstufe). Die
wesentlich zahlreicheren Spieltage verursachten erhebliche Probleme, in der 1.
Saison holte man sich fast durchwegs hohe Niederlagen ab. Erst ab der zweiten
Saison fasste die Truppe Fuß und in der Saison 2016/17 konnte die Kärntner
XV-Auswahl sensationell die Liga nach Siegen gegen Wr. Neustadt im Semi- und Linz
im Finale im Wr. Sport-Club-Stadion gewinnen. Auf den Aufstieg in die Premiership
verzichtete der Verein, es zeichneten sich zahlreiche Abgänge und Karriereenden ab.
Die Folgesaison war ergo durch Spielermangel gekennzeichnet und endete in
einer sportlichen Bruchlandung. Die Tigers zogen sich nach sechs Jahren aus dem
XV-Ligaspielbetrieb zurück.
Der Verband führte mittlerweile eine Xs, also 10 gegen 10-Meisterschaft ein, was
dem Verein entgegenkam. 2019 gab es Rang drei im Leobner Finalturnier. In der
letzten Saison gab es Rang 4.
Damen
Die Tigerladies wurden 2014 aus der Taufe gehoben, anfangs spielten die Damen in
Italien unter der Flagge von Tarvisio (Valchirie). Die „Squadra Binazionale“ unter
Trainer Alberto Stentardo erwies sich auf Anhieb konkurrenzfähig, 15/16 gab es in
der Friuli/Veneto-Division fast ausschließlich Siege, allerdings missglückte das
Finalturnier, die „Coppa Italia“ gründlich. Ab diesem Zeitpunkt ging es mit den
Tarviser Mädels langsam bergab, zu Spitzenzeiten konnten sie 20 und mehr Damen
für den Sport begeistern. Auf der Kärntner Seite begann man sich wieder mehr im
ÖRV-Rugby einzubringen. Prägende Spielerinnen jener Ära waren Gerardina
Giannattasio & Rebecca Eder.
Zurück in Österreich fanden die Tigerladies in Linz neue Partner. Gemeinsam krönten
sie sich 2019 zu den Vizestaatsmeisterinnen, den bislang größten Vereinserfolg.
Mittlerweile spielten die beiden Clubs vier Saisonen gemeinsam. Prägende
Spielerinnen waren/sind Ramona Kogler, Carmen Werni und Josi Grgic.
Sektion Steinfeld
2018 gründete Andi Lampret die Sektion Steinfeld, die danach von Armin Künnert
und Urgestein Adrian Fritzer (der gemeinsam mit Mathias Genser 2006 für
Österreich in Paternion spielte) betreut. Ein- bis zweimal jährlich gab es Spiele auf
der tollen Oberkärntner Anlage, die meistens auch hervorragend besucht sind. Über
die Sektion Steinfeld fand auch der in Malta wohnhafte Genser nach fast 10-jähriger
Pause wieder zum Sport zurück. Die Sektion Steinfeld wurde unverzichtbarer
Bestandteil der Tigers-Truppe.
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